(Schluss-)Endlich

Es sind schon wieder einige Monate ins Land gezogen, seit ich die Rjukanbahn im südlichen Teil Norwegens besucht habe. Damals war ich so sehr mit meiner eisenbahnhistorischen Neuentdeckung beschäftigt - der Solbergfossbahn, die HIER und HIER Eingang fand - dass ich meinem Abenteuer bei der Rjukanbahn keine „mediale Aufmerksamkeit“ geschenkt habe. Dies wird hier und jetzt nachgeholt.


Rj. B. 22.
Mael, 2. August 2021.

Die Rjukanbahn habe ich in den vergangenen Jahren oft besucht; auf ihr mitfahren, konnte ich bis letzten Sommer allerdings nie. Entweder, weil sie nicht fuhr, weil der Betrieb eingestellt war, oder weil ich in einem Zeitraum zugegen war, in dem die Rjukanbahn Winterschlaf hielt.


Austbygd.
August 2021.

Letzen August passte endlich alles zusammen: die Rjukanbahn fuhr nach Fahrplan zwischen Rjukan und Mael, zwischen Mael und Tinnoset war an einzelnen Wochentagen sogar die Fähre unterwegs, und ich hatte Ferien. (Auf die nicht minder interessante Fähre gehe ich in diesem Post näher ein.)



Rj. B. 22.
Mael, 2. August 2021.

Für die Zeit in der Gegend mietete ich mir eine Hütte am oberen Ende des Tinnsees. Ein schönes, friedliches Plätzchen Erde mit mehr als stündlich ändernden Stimmungen über dem See. Zudem bietet die Umgebung neben Bahn, Fähre und viel Historie, noch jede Menge Norwegen. Ich war nicht zum ersten Mal dort, und werde hoffentlich wieder einmal dort sein. Hoffentlich.



Mael, 2. August 2021.

Es wäre eigentlich möglich, an einem einzigen Tag die Rjukanbahn zu befahren und mit der Fähre über den Tinnsjö zu schippern. Ich hatte allerdings Ferien und somit ganz viel Zeit. Darum nahm ich mir ein ganzer Tag für die Bahn und ein anderer für die Fähre. Neben einigen anderen Tagen für‘s Dolce far niente.




Rj. B. 23.
Mael, 2. August 2021.

Im Sommer 2021 war die Corona-Pandemie weltweit das alles beherrschende Thema. Zwar konnte man nach Norwegen reisen, wenn man zweimal geimpft und mit den dies bestätigenden Papieren ausgestattet war. In Norwegen wurde aber tunlichst darauf geachtet, dass sich nicht zu viele Menschen auf engem Raum befinden. Man musste sich beispielsweise vorher per App für eine Fahrt auf einer Museumsbahn anzumelden und gleichzeitig das Billett für die entsprechende Fahrt zu buchen. Eigentlich sehr einfach und logisch, wenn man denn ein Mobiltelefon hat, in dem eine norwegische SIM-Karte steckt. Ersteres habe ich, Zweitere nicht. Weshalb ich einen Tag vor der geplanten Bahnfahrt im Bahnhofsgebäude von Mael vorbeischaute und flennend darum bat, mir doch bitte, trotz dem nicht Vorhandensein einer norwegischen Mobiltelefonnummer, eine Mitfahrtmöglichkeit zu bieten. Kein Problem, genau so wie bei der Fahrt auf der Fähre einige Tage später. Nett und hilfsbereit wie eben alle Norweger.




Bahnhofsgebäude in Mael.
2. August 2021.


Wie es sich für mich gehört, und natürlich auch der Spannung und Vorfreude geschuldet, war ich am Reisetag viel zu früh in Mael auf dem Bahnhof. Dies gab mir die Möglichkeit ganz viele Bilder von dort zu machen, sogar vom einfahrenden Zug aus Rjukan.



Anlegestelle in Mael.
2. August 2021.


Güterschuppen in Mael.
2. August 2021.

Und was für ein Zug das war! Vorneweg eine der beiden dreiachsigen Henschel-Diesels, die Rj.B. 20 - die andere, die Rj. B. 22, stand in weniger frischem Zustand in Rjukan - dann drei schöne typisch-norwegische Teakholz-Vierachser. 



Mael, 2. August 2021.

Bevor der Zug mit mir an Bord wieder in Richtung Rjukan auf die Reise ging, musste natürlich noch die Lok ans andere Ende der Wagen rangiert werden. Dann ging sie los, meine erste Fahrt in einem richtigen Zug über die gesamte Strecke der Rjukanbahn von Mael am Tinnsjö, bis nach Rjukan, dieser eigenartigen Stadt in diesem engen Tal mit ganz viel Vergangenheit. Bei meinem ersten Besuch dort, hatte ich die Möglichkeit einen Teil der Strecke per Schienenvelo zu erkunden; eine Fahrt im richtigen Zug, ist natürlich nichts dagegen.




Zwischen Mael und Rjukan.
2. August 2021.

Im Vergleich zur Flamsbahn, kann die Rjukanbahn mit keinen wild-romantischen  Streckenabschnitten punkten. Eigentlich verläuft die Strecke bis fast ans Streckenende mässig ansteigend parallel zum Fluss, manchmal links und manchmal rechts. Wenn sie die Flussseite wechselt, dann allerdings auf schönen Eisen-Brücken aus den Anfängen der Rjukanbahn. 



Zwischen Mael und Rjukan.
2. August 2021.


Der ganzen Strecke entlang sind die Überbleibsel der Oberleitung zu sehen, und wie ich vermute, plant man diese wieder in Betrieb zu nehmen. Das wäre die Grundvoraussetzung, dass man wieder mit einer der beiden Secheron-Jung-Elektrolokomotiven Rj. B. 9 und Rj. B. 10 fahren könnte. Hoffentlich darf ich eine Fahrt mit elektrischer Traktion einmal noch erleben.



Zwischen Mael und Rjukan.
2. August 2021.


Nach einer angenehmen Fahrt entlang des Flusses, mit gelegentlichem Ausblick auf dem Gaustatoppen, und der Passage des einzige Tunnel an der Strecke, fuhr der Zug in den Bahnhof Rjukan ein. Als dieser noch noch Dreh- und Angelpunkt der immensen Bahntransporte von und zum Fabrikkomplex von Norsk Hydro war, wies er ein viel grösseres Gleisfeld auf als heute.



Gaustatoppen.
2. August 2021.


Zur Verdeutlichung der Mengen, welche die Rjukanbahn in ihren besten Jahren befördert hat: dies war die Strecke mit Norwegens zweitgrösster Gütertonnage hinter der Erzbahn nach Narvik.



Rj. B. 22 in Rjukan.
2. August 2021.


Auf den noch vorhanden Gleise sind Loks und Wagen abgestellt, die heute auf der Rjukanbahn in Gebrauch sind, oder hoffentlich einmal in Zukunft wieder eingesetzt werden können. Auch unterwegs an der Strecke, beispielsweise in Ingolfsland stehen noch weitere Zeugen aus der Vergangenheit der Bahn.



Rj. B. 20 etc. in Rjukan.
2. August 2021.


Wegen der Pandemie war die Dichte an Touristen per Quadratmeter einiges geringer, als ich es mich von normalen Sommerferien gewohnt war. Mit dem Vorteil für mich, dass sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückfahrt mehr als genug Platz im Zug vorhanden war. Somit war ich ständig zwischen zwei Abteilen unterwegs. Jeweils dorthin, wo es gerade etwas spannendes durchs Fenster zu entdecken war.



Entlang der Strecke.
2. August 2021.


Weil es sich laut Titel hier um einen Modellbahn-Blog handle, komme ich nicht umhin, die Rjukanbahn auch modellbahnerisch abzuhandeln. Wenn ich allerdings nur die Fertigmodelle vorstellen würde, die es von der Rjukanbahn zu kaufen gibt, beziehungsweise zu kaufen gab, wäre die Abhandlung schnell beendet. Ausser den Modellen der beiden Henschel-Loks Rj. B. 20 und Rj. B. 22, die togbuttiken.no (mein norwegischen Lieblingsmodellbahnhändler) in Kooperationen mit Ade-Hobbytrain produzieren liess, sind mir keine weiteren Modelle bekannt, die in grösseren Stückzahlen hergestellt wurden.



Modelle von Rj. B. 22 und 20 von Togbuttiken.no 
in Kooperation mit Ade-Hobbytrade.


Weil die Fähre aber viele stinknormale Standard-Güterwagen Rjukan brachte, gibt es doch so einiges, was sich vorbildgerecht hinter eine der beiden Dieselloks hängen lässt.



Modell der Rj. B. 20 mit zwei Güterwagen-Modellen von NMJ,
wie sie auf der Rjukanbahn verkehrten.


Ausserdem waren bei der Rjukanbahn Güterwagen-Typen im Bestand, die auch bei anderen Bahnen eingesetzt wurden. Darum gibt es beispielsweise Beschriftungssätze, mit deren Hilfe, Grossserienmodelle nach Vorbildern der Rjukanbahn umgebaut werden können.



Modell des Treibstoff-Wagens.
Aus Grundmodell von Roco umgebaut, mit Decals von Skaladesign.


Modell eines Kesselwagens der Rj. B. zum Transport von Natronlauge.
Modell von Jeco mit Beschriftung von RMS.

Für mich persönlich ist der G3 ein typischer Norwegen-Wagen, von dem die Rj.B. auch einige hatte. Ich habe mir darum ein Kunststoff-Modell von CAD87 so umlackiert, dass er einen Museumswagen bei der Kröderenbahn nahe kommt, der in einem früheren Lebensabschnitt der Rjukanbahn gehört hat.


Selbstbau in Anlehnung an einen G3 der Rj. B. 


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