Bruksbane Askim - Solbergfoss
Askim war schon relativ früh an eine Bahnstrecke angeschlossen, die Oslo über Ski durchs Hinterland mit Halden und der schwedischen Grenze verbindet. In und um Askim wurden wiederum mehrere Werksbahnen erstellt, die im Zusammenhang mit den erwähnten Kraftwerken und der dazugehörenden Fabriken genutzt wurden. Diesen Bahnlinien war allerdings ein kurzes Leben beschienen und heute sind alle restlos abgebaut.
Strecke und Ausstattung
Die Strecke war rund 8km lang und hatte ihren Anfang hinter dem Bahnhof von Askim. Sie führte anschliessend in nordwestlicher Richtung quer durch Askim. Heute ist das Trasse in Askim in seinem gesamten Verlauf weitestgehend neu überbaut. Ab dem Stadtrand, hinter dem Feuerwehrhaus, kann man den Streckenverlauf dann aber bis Solbergfossen abschreiten, wurde er zum Velo- und Wanderweg umgenutzt.
Zum anderen die Skaarudbrücke bei km 4.2, die in einem leichten Bogen eine Schlucht überspannt. Beide Brücken sind noch vorhanden und Teil des Velo- und Wanderwegs. Bei der Kolstadbrücke wurde allerdings die ursprüngliche Stahlkonstruktion durch einen Betontrog ersetzt. Wahrscheinlich wurde sie auch angehoben, um die Durchfahrtshöhe der Strasse darunter zu erhöhen.
Bei der Skaarudbrücke wurde die originale Stahlkonstruktion mit Holzplanken belegt und Geländer angebracht. Bei beiden Brücken sind Pfeiler und Lager aus Sichtbeton ausgeführt, identisch zur Bauweise der Kraftwerksanlagen in Solbergfoss.
In Askim befanden sich einige Abstellgleise, ein Ladekran, ein aus Holzbalken gezimmertes Perron und einige Holzschuppen. Meines Wissens verfügte „Askim Solbergfossbanen“ nicht einmal über einen Warteraum.Und ob die Abstellgleise wirklich zur Solbergfossbahn gehörten, bin ich mir auch nicht ganz sicher.
Beide Endbahnhöfe verfügten über kleine Drehscheiben, um den älteren der beiden Triebwagen wenden zu können. Leider habe ich bis jetzt keine Gleispläne von Askim auftreiben können, und die mir verfügbaren Fotos sind auch zu wenig aussagekräftig, als dass ich mir etwas verlässliches zusammenreimen könnte.
In Sollbergfoss wurde, nach dem die Gleise angebaut wurden, mit dem Bulldozer einiges am Gelände geändert. Trotzdem kann man erahnen wie es dort ausgesehen haben könnte. Das noch vorhandene Werkstattgebäude und das Bahntrasse sind gute Anhaltspunkte. Die Werkstatt dient heute logischerweise nicht mehr ihrer ursprünglichen Aufgabe, ist aber in bestem Zustand und wird, noch gebraucht.
Anhand von Fotos und eines Luftbildes von 1954t konnte ich mir zusammenreimen, wie der Gleisplan in Solbergfoss ausgesehen haben könnte. Die Skizze hat allerdings keinen Anspruch akkurat zu sein und die Masse stimmen in keiner Art und Weise mit der Realität überein. Zudem wurde der Gleisplan offenbar im Laufe der Zeit neuen Anforderungen angepasst.
Die Strecke wies neben den Endbahnhöfen zwei oder drei weitere Stationen auf: Onstad bei km 3.4 und Tömt bei km 6.0. Zwischen Tömt und Solbergfoss soll sich gemäss gewisser seriöser Quellen noch eine Station Oppegard befunden haben.
Zu einer zusätzlichen Station Oppegard habe ich keine weiteren Informationen. Sie wird auf den Informationstafeln an der Strecke und im deutschen Wikipedia-Beitrag erwähnt; in den Wikipedia-Beiträgen in anderen Sprachen - inkl. Nynorsk und Bokmal - findet sie hingegen keine Erwähnung. Sie müsste sich zwischen Tömt und Solbergfoss befunden haben. Wahrscheinlich befand sie sich wenige hundert Meter vor der Endstation oberhalb der heutigen Hauptstrasse am Torskensveien und bestand bestenfalls aus einen Perron aus Holzbalken und Brettern. Sowas lässt sich jedenfals auf der Luftaufnahme von 1964 erkennen.
Das einzige noch vorhandene Originalgebäude an der gesamten Strecke scheint der Triebwagenschuppen in Solbergfoss zu sein. Auf keiner Station gab es ein klassisches Aufnahmegebäude, wie wir es von den meisten anderen Bahnen kennen; die Verwaltungsaufgaben scheinen in den Büros des Kraftwerkbetreibers wahrgenommen worden zu sein. Und die Billette, die ich gesehen habe, sind denen von Autobuslinien sehr ähnlich; vermutlich wurden diese direkt vom Triebwagenführer an die Fahrgäste abgegeben.
Entlang der Strecke findet man viele kleine Relikte, die aus der Zeit stammen als noch Züge zwischen Askim und Solbergfoss unterwegs waren. Meistens sind es Teile von Zäunen, aber auch Dämme und Aufschüttungen. Eine Gruppe Enthusiasten aus Askim kümmert sich vorbildlich um das Andenken an die Bruksbane Askim - Solbergfoss. Sie sind es auch, die entlang der Strecke Informationsschilder angebracht haben und das Gleis in Tömt wieder verlegt haben. Ich denke, dass das Wartehäuschen in Onstad ebenfalls von diesen Leuten dorthin gesetzt wurde. Leider ist es auch hier wie überall: Irgenwelche hirnlosen Vandalen zerstören das, was Mitmenschen in ihrer Freizeit mit viel Herzblut erschaffen haben...
Die Suche nach Relikten im Zusammenhang mit Signalisation und Streckensicherung sind sinnlos, den die Solbergfossbanen besass nichts dergleichen. Wahrscheinlich war jeweils nur ein Zug auf der ganzen Strecke unterwegs, auf der gesamten Strecke gab es ja auch keine Kreuzungsmöglichkeiten.
Rollmaterial
Der Rollmaterialbestand der Solbergfossbanen war zeitlebens äusserst bescheiden und entsprach den jeweiligen Anforderungen als Baubahn, bzw. später als Zubringer zum Kraftwerk mit einem bescheidenen öffentlichen Personennahverkehr.
Die erste Zeit hatte die Solbergfossbane gar keine eigenen Lokomotiven, man lieh sich bei anderen Bahnen was man gerade brauchte.
Ganz speziell ist aber der Einsatz einer originalen bayerischen D VI namens „Bayreuth“ auf der Solbergfossbahn. Diese gehörte allerdings nie der Solbergfossbahn, sondern wurde einzig 1918 bei einer der anderen Werksbahnen im Raum Askim ausgeliehen. Weil man mit ihr allerdings nicht glücklich wurde, gab man sie rasch wieder zurück und kaufte nacheinander die anderen oben erwähnen Lokomotiven.
Cm 2, der zweite Triebwagen mit dem Namen „Padda“ (Kröte), oder manchmal auch „Bussen“ genannt, entspricht weitgehend einem Triebwagen-Modell, welches von Hilding Carlsson aus Umea in grösserer Stückzahl für Schwedische Bahnen als Typ Yd gebaut wurde. Skabo Jernbanevognfabrik aus der norwegischen Hauptstadt besorgte sich die Lizenzen für diese Triebwagen und produzierte vier Stück für den heimischen Markt. Neben der Solbergfossbahn hatte die NSB auch drei dieser Triebwagen im Bestand. Entgegen Angaben im Internet wurde Cm 2 direkt an die Solbergfossbane geliefert und war nie im Bestand der NSB. Der Padda war von 1938 bis 1965 im ordentlichen Betrieb. Mit einer Länge vom 925cm und angetrieben von einem 130PS-Motor konnte er 24 Passagiere befördern. Wie beim Gamla liegt seine Maximalgeschwindigkeit bei ebenfalls 50km/h. Da offenbar öfters der Bedarf bestand, überlange Gegenstände zu befördern, weisst der Padda an beiden Längsseiten spezielle Haltevorrichtungen auf mit denen solche sperrigen Sendungen transportiert werden können. Wenn im Innern des Triebwagens kein Platz mehr vorhanden war, ist für Koffern und Pakete ein Gepäckkorb auf dem Dach vorhanden.
Der Padda weisst keine normalen Zug- und Stossvorrichtungen auf, weshalb hin und wieder Güterwagen über eine Kuppelstange angegekuppelt wurden. Waren aber Güterwagen zuzustellen, deren Gewicht den Padda überfordert hätte, lieh man sich eine Lok der NSB.
Für den Padda war noch ein grosser, roter Schneepflug verfügbar, der an den Triebwagen montieren werden konnte.
Beide Triebwagen haben leider nicht betriebsfähig bei der Kröderenbahn überlebt.
Über den Wagenbestand der Solbergfossbahn weiss ich praktisch nichts. Es gibt dieses Bild der dänischen Dampflok mit zwei urtümlichen kleinen, zweiachsigen Abteilwagen. Die gleichen Wagen sind auch auf dem Bild zu sehen, auf welchem sie zusammen der Beyer Peacock-Lok und einem klassischen, norwegischen Güterwagen geschlossener Ausführung abgebildet sind. Diese Wagen stammen, wie die Schlepptenderlok, aus den Anfängen des norwegischen Eisenbahnzeitalters vom Bahnen östlich von Oslo.
Allerdings wurde der erste Triebwagen beschafft, um Personenzüge billiger und wahrscheinlich einmännig betreiben zu können. Ob den beiden Personenwagen nach dem Erscheinen des Gamla 1928 noch ein langes Leben beschieden war, bezweifle ich. Zumal die Anzahl Fahrgäste, die von Askim nach Solbergfoss, oder zu einer der beiden Stationen gelangen wollten, meistens bescheiden gewesen sein dürften, wozu der Triebwagen ausgereicht haben dürfte.
Ich habe mir übrigens extra für meine Recherchen zwei sehr schöne Bücher gekauft, die wirklich jede Bahnlinien in ganz Norwegen bis ins Detail beschreiben, ob sie schmal- oder normalspurig sind, bzw. waren, ob sie ins norwegische Eisenbahnnetz eingebunden waren, oder nur der Verbindung eines Bergwerks mit einem Hafen dienten. Alle sind beschrieben, ob noch vorhanden schon Geschichte. Alle, ausser der Solbergfossbane...
Ich vermute der Grund liegt darin, dass sie zeitlebens „nur“ eine Bruksbane, eine Werksbahn war.
Modellbahnthema
Der Grund für diesen doch recht ausführlichen Blogeintrag besteht darin, dass ich mir an meinem ersten Ferientag ein wunderschönes Handarbeitsmodell des Padda bei NMJ in Oslo erstanden habe. Schon vorher, aber speziell mit dem schönen, kleinen Modell im Reisegepäck, begann ich mich mit der Geschichte des Triebwagens und seiner Strecke zu befassen. Ich war zwar vor rund zwei Jahren, an einem verregneten Herbsttag, zusammen mit Herr K. aus Z. auf Spurensuche zwischen Askim und Solbergfossen, aber dieses Jahr mit mehr Wissen aus dem Internet, habe ich mich auf eine richtige eisenbahnarchäologische Expedition begeben. Dass es am entsprechenden Tag natürlich wieder wie aus Kübeln schüttete, war natürlich fast logisch...
Natürlich kann man die Solbergfossbahn keinesfalls massstäblich nachbauen, aber das Thema „Erschliessungsbahn eines Kraftwerks mit öffentlichem Verkehr“ hat doch schon was, oder? Und die Sache wird noch spannender, da mit den Modellen von Padda und (mit etwas Auge zudrücken) der bayerischen D IV schon fast der halbe Triebfahrzeugbestand in H0 verfügbar wäre. Ein Urmodell des Gamle in H0 habe zudem ich vor einiger Zeit auf einer norwegischen Modellbahnmesse gesichtet. Meiner Meinung nach müsste man der Modell-Solbergfossbahn allerdings noch eine eigene kleine Diesellok zugestehen. Vielleicht eine Köf? Bei mir wäre es wahrscheinlich eine MaK 240.
Bei der Umsetzung der Gleispläne sieht es hingegen weniger rosig aus. Die beiden Endbahnhöfe lassen sich schlecht umsetzen und die anderen Stationen wären bestenfalls als beispielsweise FREMO-Module umsetzbar. Ausser man nimmt sich diesbezüglich mehr Freiheiten und plant seine Gleispläne selbst. Zum Beispiel als Micro Layout?
Übrigens, im Berner Oberland, näher bei meinem Lebensmittelpunkt, gibt es auch eine „Solbergfossbanen“: die Meiringen - Innertkirchen - Bahn. In Meterspur, elektrifiziert und sogar noch täglich in Betrieb.
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