Alle Jahre wieder kommt... unter anderem das Messe-MIBA. Sicher zwanzig Jahrgänge davon liegen in meinem Bücherregal unter dem Bahnhof Weinegg. Hin und wieder blättere ich durch eines dieser Hefte und staune, wie rasch die Zeit doch vorüberzieht, aber auch wie sich unser Hobby in dieser Zeit entwickelt hat.
Ohne digitale Steuerung läuft heute im wahrsten Sinne des Wortes nichts mehr. Sogar digitalen Lärm können die kleinen Lokomotiven erzeugen, und dank Stromspeichern muss der Fünffingerkran nicht mehr wegen Kontaktproblemen bei den Herzstücke und Fliegenschiss auf den Gleis eingesetzt werden. Zumindest weniger oft.Auch rein optisch ist in den letzten beiden Jahrzehnten recht viel passiert, und Jahr für Jahr erscheint eine riesen Flut an neuen Modellen und neuem Zubehör.
In wirklich jeder Sparte unseres Hobbys hat sich in den letzten Jahren nicht nur bezüglich Vorbildtreue, sondern auch bezüglich der Auswahl einiges zu unseren Gunsten getan. Ich denke beispielsweise an all die schönen und teilweise auch weniger schönen Bausätze aus Holz, Karton oder was auch immer sich mit einem Laserstrahl zerschneiden lässt. Oder der 3D-Druck! Beispielsweise auch all die schönen Bäumchen, die heute in guter Qualität zu moderaten Preisen erhältlich sind.
Dank dem Internet können wir uns heutzutage über Dinge von Produzenten und Hersteller informieren, die man früher bestenfalls vom Hörensagen kannte. Oder von denen man wahrscheinlicher nie erfahren hätte. Das Internet ermöglicht es Anbietern den Kundenkreis über fast den ganzen Erdball auszudehnen, während der Markt früher bestenfalls auf die näheren Umgebung beschränkt blieb. Andererseits es nahezu unmöglich den Überblick zu behalten, was alles alles von wem zu welchem Zeitpunkt erhältlich ist. Auch weil es heute Usus ist, von einem Modell nur eine eine einzige Serie aufzulegen. Oft verschwinden Anbieter zudem so rasch wieder von der Bildfläche, wie sie aufgetaucht sind, oder alteingesessene Firmen sind nur noch als Marke präsent.
Es ist eben bei unserem Hobby so, wie es überall ist: wir leben in einer schnelllebigen Zeit in der alles immer und ständig im Umbruch zu sein scheint, und sich die Räder immer schneller und schneller drehen. Ob das gut oder schlecht ist? Ich weiss es nicht. Manchmal hätte ich es allerdings schon lieber, man würde das Gaspedal etwas weniger durchdrücken. Ich behaupte, die eine oder andere Kurve würden wir dann wahrscheinlich besser meistern...
Zum Titel dieses Posts: trotz dieser modellbahnerischen Überflutung, kann ich das Messe-MIBA, Edition 2022, noch so oft vor- und rückwärts durchblättern, es wird keine einzige Neuheit vorgestellt, die mich wirklich vom Hocker haut. Sympathisch für‘s Portemonnaie. Andererseits wären positive Emotionen schon schön!
Woran das wohl liegen könnte? Ganz bestimmt habe ich meine persönliche Sammelleidenschaft in den letzten Jahren auf weniger Schwerpunkte fokussiert. (Jedenfalls versucht, habe ich es.) Vielleicht liegt es an den Produzenten, die sich darauf beschränken, Dinge herzustellen, bzw. herstellen zu lassen, die man sicher absetzen kann, und die wir darum schon von Anderen kennen, wodurch der Kick des wirklich Neuen, noch nie dagewesenem wegfällt? Warum ist das Programm von Piko mehr und mehr praktisch identisch mit dem, was Roco schon im Angebot hat, bzw. einmal hatte? Oder warum lässt Brawa im fernen China Modelle herstellen, die es von diversen Konkurrenten bereits in gefühlt hundertfacher Ausführung gibt? Das sind nur zwei Beispiele und ich könnte noch viele andere aufzählen. Klar, die aktuellen Modelle lassen sich bezüglich Details und elektronischem Innenleben keinesfalls mit älteren Modellen der Konkurrenz vergleichen. Andererseits, wenn ich schon ein einigermassen schönes Modell beispielsweise einer Lok habe, das auch einigermassen gut fährt, warum sollte ich mir ein weiteres Modell mit dem gleichen Vorbild anschaffen? Nur weil die Griffstangen 0.2mm dünner sind, dafür nur schon vom blossen Ansehen abbrechen?
Ich glaube wirklich, es liegt daran, dass sich bei mir keine Emotionen entwickeln, wenn ich das Messe-MIBA durchlese, weil alles schon einmal da war.
Vor einigen Jahren hat Brekina ganz überraschend den MAN-Schienenbus angekündigt. Das war eine Neuheit, die bei mir Emotionen ausgelöst hat. Etwas, das es noch nie gab und das ich mir gewünscht habe! Ganz ähnlich ging es mir, als Heljan vor nicht allzu langer Zeit bekannt gab, Stangen-MaKs mit Privatbahn-Vorbildern auf den Markt zu bringen. In beiden Fällen war wahrscheinlich bei Brekina und bei Heljan ein gewisses Risiko vorhanden, ob man diese Modelle absetzen kann. Ohne Zahlen zu kennen, vermute ich mal, dass die Rechnung in beiden Fällen aufgegangen ist. Die Heljan-MaK ist weitgehend ausverkauft und Brekina entschloss sich, dem MAN-Schienenbus ein Esslinger-Triebwagen und ein NE81 folgen zu lassen. Oder als uns Roco beispielsweise mit einem Kran, oder einer Schneeschleuder zeigte, was im Digitalbereich alles möglich ist. Den Digitalkran musste ich unbedingt haben! Den Alten mit dem amerikanischen Vorbild; ich habe ihn allerdings dann auch wieder weiterverkauft.
Die Entwicklung, sich als Unternehmer in der „Emotionsbrache“ auf einem erfolgreichen Produkt auszuruhen und es bestenfalls in abgewandter Form bis bis zur Übersättigung der Kundschaft anzubieten, gibt es auch in anderen Sparten. Oder warum beschränkt sich Hollywood auf Remakes von guten, alten Klassikern, oder presst ein erfolgreiches Thema solange aus, bis wirklich der letzte Tropfen draussen ist? Ich meine hier beispielsweise Star Wars. Jetzt denkt man dort anscheinend über ein Remake von Back to the Future nach! Und Harrison Ford muss in greisem Alter nochmals als Indiana Jones die Peitsche schwingen... Hier wie dort bestimmt die Marktforschung über das Angebot. Nicht die Emotionen. Klar, man muss auch Geld verdienen, dass kann ich verstehen. Aber dabei sollten auch Emotionen Platz haben.
Ja, wir leben in einer schnelllebigen Zeit, und irgendwie dreht sie sich, die Zeit, auch im Kreis. Alles kommt wieder, oder war gar nie weg. Auch Krieg in Europa. Auch der in einer etwas überarbeiteten Version, mit mehr digital und so. Aber auch hier im Endeffekt so, wie wir ihn schon kennen...
Hallo Toby H., schön geschrieben. Nicht alle Neuheiten sind im Miba-Heft aufgeführt - vor allem nicht die der Nischen-Hersteller. Zum Thema Privatbahn freue ich mich über die ELNA 6 in der Version der Lok 4 der DFS von Tillig (da ich keine Weinert ELNA habe). Viele Grüße! Thomas
AntwortenLöschenIm Messe-MIBA wurden immer auch die Neuheiten von Produzenten präsentiert, die nicht in Nürnberg anwesend waren. Sie mussten ihre Neuheiten-Vorschau einfach an die Redaktion senden.
LöschenAber darum ging es mir auch nicht.