Schweizer Spantenwagen

Hää?! Das gibt es doch gar nicht. Spantenwagen sind doch der Inbegriff österreichischer Nebenbahnwagen in der Epoche III. Ja, das sind sie. Das heisst allerdings nicht, dass einige westwärts über den Rhein ausgewandert sind.

In der Schweiz haben meines Wissens zwei Museumsbahnen zweiachsige Spantenwagen von den Österreichischen Bundesbahnen übernommen: der Verein Vapeur Val-de-Travers im Kanton Neuenburg und der Verein Dampfbahn Bern. Während ersterer seine Spantenwagen offenbar inzwischen abgestossen hat, ich kann sie jedenfalls auf der Website nicht mehr finden, scheinen sie bei der Dampfbahn Bern noch putzmunter zu sein. Mir ist sogar einmal einer vor die Optik meines Smartphones gerollt, wie dieses Bild beweist:

In der wunderschönen Altstadt von Bern gab es einen legendären Modellbahnladen, welcher von einem Herr Gschwandner betrieben wurde. Wenn ich mich richtig erinnere, hatte Herr Gschwandner einen Dialekt, der darauf schliessen liess, dass er die deutsche Sprache in der Heimat der Spantenwagen erlernt hatte. Herr Gschwandner hatte offensichtlich auch gute Geschäftsbeziehungen nach Österreich, hatte er doch immer eine stattliche Auswahl an Modellen von „Klein Modellbahn“ im Angebot.

Meines Wissens nutze er seine Beziehungen zu Magister Klein im fernen Wien auch dazu, dass dieser für ihn Modelle der Spantenwagen herstellte, deren Vorbilder bei den beiden genannten Museumsbahnen in der Schweiz liefen. Klein Modellbahn hatte zu diesem Zeitpunkt zwar Modelle von zweiachsigen Spantenwagen im Angebot, allerdings solche mit sieben Fenstern auf jeder Seitenwand. Die Spantenwagen, welche es zur Dampfbahn Bern verschlagen hat, sind kürzer und weisen nur fünf Fenster auf. Die im Val de Travers waren hingegen vom siebenfenstrigen Typ.

Somit: die beiden Wagen, welche mir in der Occasionsecke eines Modellbahnhändlers begegneten - und unmittelbar danach in meinen Besitz wechselten - sind vollkommen unvorbildlich. Stört es mich? Eigentlich nicht. Abgesehen davon, dass ich mir dessen erst gewahr wurde, als ich diese Zeilen verfasste.

Weil beide Schachteln mit der Katalognummer 3749 bedruckt sind, es sich aber bei den Modellen im Innern einmal um einen C2 5 und einmal um einen C2 6 handelt, und die Dampfbahn Bern noch je einen C2 7 und einen C2 8 besitzt, habe ich angefangen nachzudenken. Und anschliessend dann das Internet bemüht. Was wiederum meine Vermutung bestätigte: es wurden offensichtlich unter der Katalognummer 3749 alle vier Wagen der Dampfbahn Bern produziert. Zwingt mich meine verflixte Sammelleidenschaft jetzt dazu, Modellbahnhändler und -Börsen nach den beiden fehlenden Spantenwagen C2 7 und C2 8 abzusuchen? Ja, ich glaube schon… 😀

Die beiden Modelle sind optisch noch in einem ausgezeichneten Zustand, ein Modell war sogar noch in das obligate Klein-Modellbahn-Seidenpapier eingewickelt. Als ich die Modelle zwecks Photoshooting über die Gleise von Weinegg schob, ratterte es verdächtig. Ein prüfender Blick mit geschultem Auge bestätigte meinen Verdacht, dass der Vorbesitzer Märklinist war, den beide Modelle weisen nichtisolierte Wechselstrom-Achsen mit den grösseren Spurkränzen auf. Wir finden bestimmt eine Lösung um die beiden Wagen Weineggbahn-tauglich zu machen.

Wie weiter mit den beiden berner Gielen? Keine Ahnung. Jetzt habe ich sie vorerst wieder einmal in die Klein‘schen Kartonschächtelchen zurückgeschoben und freue mich über meine neusten beiden Jagdtrophäen. Vielleicht habe ich ja einmal alle vier 3749. Und wenn nicht, wird die Welt deswegen auch nicht untergehen…

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