Südostseetaler

Seetalwagen und Südostbahn, das geht tatsächlich zusammen. Wenn auch mit Umwegen.

Die SBB beschaffte bekanntlich zwischen 1947 und 1950 je 21 leichte, kurze Personenwagen mit offenen Plattformen. Einundzwanzig Stück hatten bei der Ablieferung nur Plätze dritter Klasse, die anderen einundzwanzig Wagen wurden zusätzlich mit Plätzen zweiter Klasse ausgerüstet. Weil diese vornehmlich für die Seetallinie zwischen Emmenbrücke bei Luzern über Lenzburg nach Luzern vorgesehen waren, erhielten sie die halboffizellen Bezeichnungen „Seetaler“, oder „Seetalwagen“. Aber wem erzähle ich das? Den langjährigen Follower dieses Blogs wissen das selbstverständlich schon. Ihnen hängen diese Wagen, oder besser die Modelle davon langsam aus dem Hals heraus…

Der Bestand der 21 Wagen, in welchen nach der Klassenreform sowohl Passagiere erster, als auch zweiter Klasse reisen konnten, war für den Anwendungsbereich gar gross. Darum wurden solche Wagen beispielsweise an die Oensingen - Balsthal - Bahn, die Rorschach - Heiden - Bergbahn und die Südostbahn abgegeben. In beiden Fällen wurde das Ersteklasseabteil deklassiert und die Wagen waren als reine Zweite-Klasse-Wagen unterwegs. Zumindest im Fall der Südostbahn wurde meines Wissens sogar die vornehmere Möblierung in der entsprechenden Wagenhälfte beibehalten.

Die Modellbahn-Industrie steht auf Farbvarianten, weil man damit aus schon vorhanden Formen mit relativ kleinem finanziellen Aufwand den geneigten Sammler mit zusätzlichen Modellen beglücken kann. Darum legte Roco u.a. auch ein Modell des Bi 272 der Südostbahn auf. Da bekanntlich eine Schwalbe noch keinen Frühling macht und ein einziger Wagen noch keinen richtigen Zug ergibt, habe ich mir die Freiheit genommen - nicht ganz vorbildlich - einen zusätzlichen ABi zu kreieren. Dazu habe ich die 2 auf den Seitenwänden, die auch den ehemaligen Erste-Klasse-Bereich des Wagens für das weniger vornehme Volk freigibt, mit einem Skalpell ganz vorsichtig abgekratzt. Meine sonst so bewährte Methode, um Beschriftungen zu entfernen, funktionierte hier leider nicht.

Dann habe ich aus meinem Fundus an Schiebebildern eine einigermassen passende 1 herausgesucht und stattdessen angebracht. Ein Abteil erster Klasse ohne gelben Strich über den Fenstern? In dieser Epoche unmöglich! Einen dünnen, gelben Streifen hatte ich leider nicht zur Hand, aber der eher orange, etwas breitere macht sich auch nicht schlecht. Und niemand kann sagen, er wäre nicht vorbildlich, weil der ganze Wagen ein reines Fantasieprodukt darstellt. 

Ich finde aber ein durchaus ansehnliches Fantasieprodukt, dass durchaus so unterwegs gewesen hätte sein können, wenn… Und dank den beiden SOB-Wagen  habe ich jetzt einen richtigen Zug hinter die kleine Lok von Brawa. Die Südostbahn hatte tatsächlich ganz ähnliche Loks, das Modell ist allerdings auch etwas kompromissbehaftet; somit passt der Wagen perfekt zu dieser Lok.

Ganz ähnlich, wie die Seetaler sind auch fünf Wagen aufgebaut, die mit der ellenlangen Bezeichnung BCF4 ausgeliefert wurden. Später wurden sie zu ABDi, oder jene drei Wagen mit geschlossener Plattform zu ABD. Sie hatten zusätzlich ein Gepäckabteil und waren rund dreieinhalb Meter länger. Weil drei Stück dann ebenfalls an die Südostbahn verkauft wurden, gibt es davon Farbvarianten des Railtop-Modells. Sowohl die Version mit der offenen, als auch jene mit der geschlossenen Plattform.

Nachtrag am 26. Oktober 2024: ich bin gerade auf ein Vorbild-Foto gestossen, welches ein Seetalkrokodil - Die De 6/6 - mit zwei Seetalwagen zeigt. Was keine Sensation wäre, wenn die beiden Wagen nicht mit „Südostbahn“ beschriftet wären, beide Wagen über dem Erste-Klasse-Abteil noch den gelben Streifen aufweisen würden und der Wagen hinter der Lok nicht die gut erkennbar die Bezeichnung AB 272 hätte. Somit wäre mein Wagen vorbildlich. Da ich keine Angaben zum Urheber des Bildes habe, möchte ich es hier nicht veröffentlichen.