Zwei Rechte, zwei Linke und ein Bahnhof
Das Dorf, von wo meine Vorfahren herstammen, hat keinen Bahnhof. Einzig eine Haltestelle an der Strecke von Huttwil nach Wolhusen. Diese liegt rund einen Kilometer vom Dorf entfernt und wird heute nicht mehr bedient. Aber ungefähr zehn Kilometer südlich gab einmal einen unheimlich kleinbahnigen Bahnhof mit gerade einmal vier Weichen. Kleinbahniger geht es wirklich nicht! Vergangenheitsform, weil die fünf Kilometer Gleise von Huttwil dorthin in der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre abgebaut wurden.
Ich meine den Bahnhof Eriswil. Dieser war Endbahnhof der am Dienstag, den 31. August 1915 eröffneten Huttwil-Eriswil-Bahn. Die HEB wurde allerdings schon 1927 Teil der Langenthal-Huttwil-Bahn, die wiederum 1944 mit anderen Nebenbahnen zu den Vereinigten Huttwil-Bahnen fusionierte und heute Teil der BLS sind.
Man war sich zwischen Huttwil und Eriswil durchaus bewusst, dass man mit dieser Bahnlinie nie das grosse Geld machen dürfte und hat darum schon bei der Planung und der anschliessende Ausführung äusserst kostenbewusst gearbeitet.
Auf der ganzen eigenen Strecke - nach der Abzweigung von der Linie Huttwil - Wolhusen - gab es beispielsweise meines Wissens nur vier Weichen. Zwei Rechte und zwei Linke im Endbahnhof von Eriswil. Vier Weichen für einen Endbahnhof mit Depot sind ja per se schon sehr bescheiden, aber für eine ganze Normalspurbahn wahrscheinlich schon fast rekordverdächtig.
Der Betrieb, mitsamt Gleisplan, wurde seit Beginn auf den Betrieb mit Triebwagen ausgelegt, welche an den Endhaltestellen ihren Zug praktisch nie zu umfahren hatten. Die HEB besass nämlich, neben drei Güterwagen, einzig zwei Dampftriebwagen. Und was für welche! Diese hiessen CFZm 1/2 und boten in einem einzigen Fahrzeug alles, was einen richtigen Zug ausmacht: sie hatten Plätze dritter Klasse (C), hatten die Möglichkeiten Gepäckstücke mitzuführen (F) und wiesen sogar noch ein geschlossenes Abteil auf, in dem die Post befördert wurde (Z). Diese von SLM auch für andere Kleinbahnen gebauten Triebwagen besassen insgesamt drei Achsen, von denen eine durch die Dampfmaschine angetrieben wurde. Das genügte auf der flach trassierte Strecke, auch wenn zusätzlich Güterwagen mitgeführt werden mussten.
Man war sich von Anfang an bewusst, dass man nie und nimmer zwei Triebwagen für die fünf Kilometer lange Strecke benötigt werden; man bestellte aber zwei Triebwagen mit der Absicht, einen als zusätzliche Einnahmequelle an eine der anderen Bahnen in der Gegend vermieten zu können.
Dass man sich zwölf Jahre nach Betriebseröffnung einer anderen Bahngesellschaft anschloss, war wahrscheinlich dem Umstand geschuldet, dass sich Einnahmen und Ausgaben, trotz sparsamem Betrieb und einfacher Ausstattung, nicht ganz die Wage hielten. Andererseits scheint Eriswil trotzdem Bedarf nach einem Bahnanschluss gehabt zu haben, wurde die Bahnlinie immerhin 1946 elektrifiziert und bestand schlussendlich bis 1978. Ab 1975 allerdings nur noch im Güterverkehr.
Ich weiss es nicht, aber vielleicht hat sich auch einmal die Ec 3/3 5 der Huttwil-Wolhusen-Bahn nach Eriswil verschlagen? Das entsprechende Modell stünde ja in meiner Fffitrine...
Aber was ganz sicher ist: für den elektrischen Betrieb auf ihren Stichstrecken beschafften die Vereinigten Huttwil-Bahnen die gleichen Ce 2/2, wie beispielsweise die Südostbahn, dessen Modell ich HIER vorgestellt habe. Am Schluss, solange noch Personen befördert wurden, fuhren dort vierachsige Triebwagen. Da die VHB, zusammen mit der Emmentaler-Burgdorf-Thun-Bahn und der Solothurn-Münster-Bahn eine Betriebsgemeinschaft bildeten, waren die Triebwagen in Eriswil oft auch mit EBT, bzw. mit SMB beschriftet.
Einen sehr spannenden Bericht mit schönen Bildern über die HEB und das was man heute dort noch antreffen kann, findet Ihr auf der Website von EINGESTELLTE BAHNEN. Ich bin ein grosser Fan dieser Website; wirklich ein riesengrosses Kompliment an die Ersteller, und herzlichen Dank für die grosse Mühe, die sie sich machten.
Der Sparfuchs war auch bei den Zwischenstationen Architekt, sodass diese äusserst einfach ausgestattet waren. Ein einfaches Perron und ein Holzhäuschen zum Schutz gegen die Witterung mussten genügen. Hier wählte man ein praktisch identisches Gebäude, wie es auch bei der benachbarten Linie von Sumiswald nach Wassen in Ei und Oberei am Bahngleis steht. Im Gegensatz zu Ei und Oberei hatte zumindest das Hüttchen in Tschäppel auf der Gleisseite eine offene Front. Wahrscheinlich waren die Fahrgäste von Ei und Oberei die grösseren Weicheier... 😀
Könnt Ihr Euch vorstellen, dass mich der Nachbau der HEB durchaus reizen könnte? Der sklavische Nachbau wäre mir allerdings zu langweilig und definitiv zu wenig kreativ. Aber vielleicht etwas mit Elementen der Huttwil-Eriswil-Bahn? Beispielsweise ein Bahnhof mit dem ungefähren, äusserst simplen Gleisplan von Eriswil? Ich sehne mir mein bestehendes Weinegg mehrmals täglich an, und langsam wird es mir langweilig. Vielleicht gibt es ja nächstens einen neuen Bahnhof? Das Aufnahmegebäude von Weinegg würde sich auch hier bestens eignen. Bevor ich mich zu diesem Schritt entscheide, muss ich ihn allerdings noch einige Male überschlafen. Im diesem Sinne: gute Nacht!
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