Im Gänsemarsch

Habt Ihr auch schon bemerkt, ich schreibe hier eigentlich ausschliesslich über Bahngesellschaften, die nie genug Geld erwirtschaften konnten, um einen anständigen Betrieb aufrechtzuerhalten? Und diesem Umstand geschuldet, haben diese Unternehmen entweder einen veralteten Rollmaterial-Bestand, oder einen, der selbst aus allen Möglichen zusammengeschustert wurde. Jedenfalls nichts Gewöhnliches.




Solche Bahnen gab es nicht nur hier in Good Old Europe, auch auf der anderen Seite des grossen Teichs gab und gibt es solche. Beispiel die Rio Grande Southern in Colorado, die am Ende des neunzehnten Jahrhunderts gebaut wurde, um Silberminen mit dem Rest der Welt zu verbinden. Mit einer Strecke von 280 Kilometern kann man allerdings schwerlich von einer Kleinbahn sprechen, als Nebenbahnen geht sie allerweil noch durch.






Die RGS, wie sie abgekürzt heisst, war bis zur Einstellung 1952 niemals rentabel. Weil die Fahrgastzahlen in diesen ablegenden Bergregionen meistens nicht so berauschend waren, dass man dafür teure Züge mit richtigen Lokomotiven und richtigen Wagen einsetzen musste, vereinte man in den Dreissigerjahren Lastwagen und Busse mit schon vorhandenen Güterwagen. Mit den sieben so entstandenen Galooping Geese konnte alles, was es zu befördern gab, zwischen Durango und Ridgway und auf den Nebenlinien transportiert werden. Zudem wurde der Unterbau durch die leichten Fahrzeuge nicht übermässig beansprucht.






Den Namen der galoppierenden Gans erhielten sie, weil sie entsprechend watschelnd auf den Gleisen unterwegs waren. Ich frage mich, wie oft man  in einem solchen Fahrzeug auf einer Reise quer durch die Rocky Mountains und über zwei Pässe, hin und her, auf und ab und vor- und rückwärts geschüttelt wurde? Und wie gross der Anteil der Fahrgäste in Latzhosen, Flanellhemden und Cowboy-Stiefeln gewesen sein dürfte, die ihre Destination mit einer eher grünlichen Gesichtsfarbe und einem mindestens teilweise entleerten Magen erreicht haben? Da half wahrscheinlich der beste Whiskey nichts...






Trotzdem haben diese Dinger - kann man sie mit gutem Gewissen als Triebwagen bezeichnen? - Kultstatus erlangt. So sind sind heute noch sechs von sieben galoppierenden Gänse vorhanden, und sie wurden im Laufe der Zeit von diversen Modellbahnproduzenten in allen möglichen Massstäben und Spurweiten hergestellt. 






Meine Galloping Goose wurde vor über zwanzig Jahren wahrscheinlich in China für CON-COR als Teil der „the Rail Baron Collection / a Collector‘s Edition“ hergestellt. Trotz der edel-aristokratischen Bezeichnung, das Modell ist ein Grossserienmodell mit allen entsprechenden Attributen. Neben den H0n3-Versionen nach Vorbildern, wie sie tatsächlich auf der Rio Grande Southern über die Schmalspurgleise watschelten, hatte CON-COR damals auch noch reine H0-Modelle produziert. Auch solche ohne die typische RGS-Beschriftung. Und eine solche habe ich mir damals erstanden.






Eigentlich passt sie ja nicht wirklich zur Weineggbahn. Aber Galopping Geese begegneten mir schon früh in Artikeln über amerikanische Modellbahnen, wie ich sie liebe, und die mir ein wenig auch als Vorbilder für meine Modellbauerei dienten. Darum wurde ich schwach, als in einem wunderbaren Modellbahngeschäft, das heute leider auch schon wieder Geschichte ist, diese Galopping Goose zum Verkauf angeboten wurde. Ausserdem habe ich nun einmal ein Faible für spezielle Vorbilder. 





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