ein Sommernachmittags-Traum

Die Uerikon-Bauma-Bahn, aka UeBB, findet in diesem Blog ja nicht zum ersten Mal Erwähnung. Wenn es aber in den bisherigen Posts eigentlich immer um Modelle nach den Vorbildern dieser 1948 zu einem grossen Teil eingestellten Bahngesellschaft ging, geht es heute um etwas, das bis heute überlebt hat.





Die UeBB hatte ihren südlichen Ausgangspunkt im Bahnhof von Uerikon an der Strecke rechtsufrig dem Zürichsee entlang von Zürich nach Rapperwil. Kaum hatte die Strecke den Bahnhof Uerikon verlassen ging es auch schon anständig bergauf, was für den Heizer auf der Dampflokomotive bedeutete: in die Hände spucken und kräftig Kohle in die Feuerbüchse schaufeln. Nach rund einem Kilometer durfte er das erste mal durchschnaufen und sich den Schweiss aus der Stirne wischen. Dort erreichte der Zug nämlich eine Ebene beim Chatzentobel-Weiher. Die Tafel am Wegesrand klärt darüber auf, dass dort im Winter vor der Erfindung des Kühlschranks Eis abgebaut wurde und via UeBB zu den Kunden gebracht wurde. Dort wurde das Eis in kühlen Kellern bis im Sommerhalbjahr gelagert und dann zum - logisch - kühlen von verderblichen Lebensmitteln und Bier eingesetzt. Das waren definitiv die Endkunden.





Der Chatzentobel-Weiher diente im Winter auch als Schlittschuhbahn, und damit sich die Eisprinzessinnen und ihre männlichen Counterparts, zwischen Pirouetten und unsanften Landungen auf dem Hosenboden, aufwärmen konnten, hat man irgendwann den Wagenkasten eines kurzen Eisenbahnwagens dort aufgestellt. Und wenn er noch nicht gestorben ist, dann lebt er noch heute.





Ich war nachschauen. Er lebt tatsächlich noch und macht einen munteren Eindruck. Das war nicht immer so. Am Ende der UeBB-Betriebsjahre hat man den oberen Teil des BC 2 neben den Teich gestellt, im rechten Winkel zum Bahntrasse und ca. 50 Meter von diesem entfernten. Die Räder und Achse hat man entfernt, anderweitig weiterverwendet, oder verschrottet. Und so stand der Wagen über Jahre dort, ausgesetzt dem Regen, dem Schnee, der Sommersonne und allen sonstigen Einflüssen. 1998 wurde das, was noch neben dem Teich übrig war, liebevoll und vorbildlich restauriert. Vermutlich wurden ihm zu diesem Zeit auch wieder zwei Achsen und vier Räder spendiert, genau so, wie das Stück Gleis darunter.





Jedenfalls steht er heute putzmunter wenige Schritte neben seiner Stammstrecke und erinnert an eine Bahnlinie, die vor fast achtzig Jahren den Zürichsee mit dem Oberland verband. Im Winterhalbjahr kann man ihn als Partylokal mieten, dann werden auch die Verblechungen von den Fenstern entfernt. Diese sind wahrscheinlich eine Sicherheitsmassnahme, um die Wagenfenster nicht ständig ersetzen zu müssen.





Ich habe ihn zum letzten Mal an einem frühsommerlichen Juni-Nachmittag besucht. Er ist ein wirkliches Kleinod für Eisenbahnfreunde an einem nicht minder malerischen Flecken Erde. Die Umgebung war zwar wegen des vergangenen Gewitters noch etwas feucht. Das hielt die zahlreichen Frösche in keiner Weise davon ab, im Teich einen Mordslärm zu veranstalten. Klar, Frösche sind per se nicht feuchtigkeitsempfindlich, aber auch ganz viele Libellen, von ganz klein bis mittelgross, waren auf Brautschau. Ein Entenpaar am Ufer hat sich offenbar schon gefunden, während Herr und Frau Krähe gerade einen akustischen Ehezwist durchlebten. Ich hoffe sie finden sich wieder. Im Gegensatz zu den anderen Lebenwesen im und um den Teich, fühlten sich die beiden lokalen Potheads durch meine Anwesenheit anfangs etwas gestört. Aber auch sie gewöhnten sich rasch mich und taten weiter, was Potheads gewöhnlich tun.





Es ist schön dort. Ab meinem Wohnort bin ich per Bahn und Bus in etwas über einer Stunde dort; und ich glaube, ich werde wieder einmal dort sein. Am Teich bei den Fröschen, den Enten, den Libellen, den Krähen und Schmetterlingen und bei diesem speziellen Eisenbahnwagen. Ich werde mir dann vorstellen, wie es gewesen sein könnte, als man den Zylinderschlag einer Dampflokomotive, oder natürlich des legendären Dampftriebwagens näher kommen hört, und wenn der Zug dann auf dem Damm östlich des Teichs die sumpfige Ebene durchquert. Was ist lauter, die Frösche im Teich, oder der Pfiff vor dem Bahnübergang?


 

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