Krøderenbane
Leider werde ich es auch dieses Jahr nicht weit ausserhalb der Landesgrenze schaffen. Da sich jedoch inzwischen einige fotografische Ferienerinnerungen in digitaler Form auf meiner Cloud befinden, kann ich zuhause in den eigenen vier Wänden von fernen Ländern und spannenden Bahnen schwelgen.
Eine dieser schwelgenswerten Bahnen befindet sich - wer hätte es gedacht? - in Norwegen. Nordwestlich von Oslo, bekanntlich die Hauptstadt Norwegens befindet sich ein See, der Krøderen heisst. An diesem See befindet sich eine Ortschaft, die auch Krøderen heisst und einen Bahnhof hat. Ihr habt es sicher schon erraten, was auf den Schildern am Bahnhofsgebäude steht: „ Krøderen“
Muss ich noch erwähnen, dass die Bahnlinie, welche die Stadt Vikersund - übrigens nicht am gleichnamigen See gelegen, der dort heisst Tyrifjord - mit Krøderen verbindet, Krøderenbane heisst? Ich tat es einfach. Der Krøderen - also der See - ist sehr lang und sein Zufluss entspringt im Halligsdal. Dieses Tal wiederum führte in die Berge und war seit früher Zeit eine natürliche Verbindung aus der Gegend um Oslo auf die andere Seite der Berge ans Meer und nach Bergen. Weil es einfacher war Waren per Schiff auf dem Krøderen transportiert wurden, als sie auf dem eigenen Buckel, oder dem eines Tieres, durch die Landschaft zu schleppen, war der Krøderen eine eigentliche Wasserstrasse.
Und dann hat jemand die Eisenbahn erfunden. Und jemand anderes hat sich gedacht, dass es Sinn macht, wenn man die Buckel von Mensch und Tier vor dem Krøderen durch eine Bahnlinie ersetzt. Der Transport auf Booten auf dem See stand damals nicht zur Disposition. Gedacht, gesagt, getan: man baute eine Bahnlinie aus Südosten nach Krøderen der Ortschaft am unteren Ende des gleichnamigen Sees. Den Bahnhof legte man logischerweise unmittelbar am See an, damit die Güter und die Passagiere ohne grossen Aufwand von der Bahn aufs Schiff umgeladen wurden, beziehungsweise vis versa.
Einige Jahre später kam man auf die noch genialere Idee, die ganze Strecke von Oslo nach Bergen mit einer Bahnlinie zu versehen. Die Erbauer dieser Bahnlinie fanden aber, dass das Gelände nördlich von Krøderen dem Ort besser für den Bau geeignet wäre, womit die Krøderenbane von Vikersund nach Krøderen am Krødern unbedeutend wurde. Die Bergenbahn verläuft allerdings weiter nordwestlich über eine Kilometer dem Krøderensee entlang.
Vor über fünfzehn Jahren war ich zum ersten Mal bei der Krøderenbane im Ort Krøderen, der übrigens an einem langen See namens Krøderen liegt. Ich kann mich daran erinnern, dass es scheusslich nass und kalt war. Glücklicherweise gab es einen Buffettwagen und heissen Tee. Trotzdem hat es mir gefallen dort in Krøderen am Krøderen. Ein schönes Ambiente mit im Sand verlegten Gleisen, schönen Gebäuden, Bachstelzen, die über das kurze Gras unter den Birken herumrennen und - neben einem spannenden Museum - eine stattliche Sammlung an sehenswertem Rollmaterial aus vergangener Zeit. Krøderen (der Bahnhof im Ort mit dem selben Namen, an einem See, der auch so heisst) steht fast bei jeder Reise nach Norwegen auf meinem Programm. Was natürlich auch an der verkehrsgünstigen Lage liegt; wenn man mit dem Auto von Oslo ostwärts fährt, vom Norden in den Süden unterwegs ist, oder die Hauptstadt grossräumig umfährt: man kommt fast unweigerlich in der Nähe von Krøderen vorbei.
Die Fahrt selbst führt nach dem Bahnhof Krøderen, zuerst in in einer leichten Steigung, Richtung Osten der Snarumselva entlang, dem Fluss der den Krøderensee mit dem Tyrifjord verbindet. Irgendwann wird die Hauptstrasse 280 in einem Tunnel unterquert, und die Strecke führt durch einen typischen Nadelwald einige duzend Meter neben der 280 in Richtung Kløftefoss. Dieser Ort besteht nur aus einigen Häuschen rechst und links der Hauptstrasse und der Kulisse einer Wild-West-Stadt hinter den Bahngleisen. Die Kulissen-Cowboys veranstalten manchmal zusammen mit der Museumsbahn Überfälle auf den Zug. Naja, wem‘s gefällt…
In Kløftefoss hat die Museumsbahn aber noch ausgedehnte Gleisanlagen, die zum Teil mit Hallen überdeckt sind. Dort werden auf hunderten von Laufmeter Gleis einerseits die betriebsfähigen Schätze aufbewahrt. Andere Wagen warten auf die Aufarbeitung und manche dienen auch nur als Quelle für Ersatzteile und rotten friedlich vor sich hin. Die Krøderenbane besitzt, neben einigen Personenwagen mit den typischen Kästen aus Holz in allen Grössen und Formen, auch eine stattliche Sammlung an Güterwagen, von denen einige mustergültig aufgearbeitet und betriebsfähig sind.
Nach Kløftefoss geht es südwestlicher Richtung weiter durch den Wald und malerische Lichtungen mit Bauernhöfen über Morum - einer Station, die nur aus einem Holzschuppen besteht- nach Snarum Stasjon. Was für ein Bahnhof! Typisches Holzhaus mit den ebenfalls typischen, in Sand gebetteten Gleisen davor. Snarum Stasjon hat - neben dem Streckengleis - ein beidseitig angebundenes Nebengleis, welches das Umfahren der Züge ermöglicht. Bei meinem letzten Besuch fuhren die Züge nur bis hierher. Kein Problem für mich, denn der Bahnhof und seine Umgebung boten genug zu Entdecken, bis die Fahrt wieder zurück ging.
Sysle Stasjon! Was soll ich dazu sagen? Einfach herrlich, dieser kleine Bahnhof mit dem obligaten Aufnahmegebäude aus norwegischem Nadelholz. Er ist in einer Kurve angelegt und der Blick vom hölzernen Perron nach Osten über ein grosses Feld… Hach!
Ja, die Krøderenbahn. Immer wieder einen Besuch wert. Es gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken, oder sich an Dingen zu erfreuen, die man vom letzten Besuch noch in Erinnerung hat.
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