Alleskönner
Eigentlich waren sie die totalen Nebendarsteller und eine Notlösung, die fünf ABD, bzw. ABDi. Trotzdem gibt es sie als Modell.
Die SBB beschaffte in den 1930er Jahren schnelle Triebwagen für weniger frequentierte Züge, die landläufigen als Rote Pfeile bezeichnet werden. Es zeigte sich allerdings rasch, dass diese Züge zwar nett anzuschauen sind, aber ihren Aufgaben nicht gewachsen waren. So fehlte zum Beispiel ein Gepäckabteil, Plätze der gehobeneren Klasse waren auch keine vorhanden, und überhaupt wollten oft mehr Passagiere mitfahren, als Plätze vorhanden waren.
Als Abhilfe bestellten die Bundesbahnen fünf Wagen, die Abhilfe leisten sollten: sie hatten Plätze der heutigen ersten Klasse, zusätzliche Plätze für das preisbewusste Publikum und ein geräumiges Gepäckabteil. Sie waren knapp 22 Meter lang und waren so leicht, dass den schleppenden Roten Pfeilen die Puste nicht ausging.
Die 1947 vom der Waggonfabrik Schlieren abgelieferten Wagen entsprachen in vielen Details den gleichzeitig gefertigten Seetalern. So war beispielsweise die Möblierung identisch, sie hatten die gleichen Drehgestelle, und zwei Wagen hatten ebenfalls auf der einen Seite die gleiche offene Plattform.
Trotz dieser zusätzlichen Wagen bewährte sich das Konzept mit den Roten Pfeilen auf die Dauer nicht. Die Triebwagen wurden dann fast nur noch für Vergnügungsfahrten verwendet, und die fünf Alleskönner wurden dort eingesetzt, wo leichte Wagen gebracht wurden, mit denen man Passagiere und Gepäck transportieren konnte. So wurden sie beispielsweise im Seetal mit den kurzen Krokodilen losgeschickt.
Mich freut es natürlich, dass es diese Wagen zu kaufen gab, aber weshalb sich der ehemalige Produzent Railtop dieser Splittergattung annahm, weiss ich auch nicht. Und dann sogar noch in beiden Versionen, einmal mit offener und einmal mit geschlossener Plattform. Dem Produzenten kam bei seinem Entscheid bestimmt auch entgegen, dass später drei Wagen an die Südostbahn weiterverkauft wurden, und einer schlussendlich bei der Dampfbahn Bern landete. Das gab einen ganzer Reigen an Farbvarianten, die im Falle des Wagens im Bernbiet sogar noch einen Farbtupfer darstellt.
Eigentlich haben diese fünf Wagen die gleichen Drehgestelle, wie die Seetaler, von denen es seit Mitte der Achtzigerjahre Modelle von Roco gibt. Ein Vergleich zeigt dann bei den Drehgestellen der Modelle allerdings schon die Jahrzehnte, die zwischen den beiden Entwicklungen liegt. Zudem haben die Roco-Modelle vorbildwidrig glatte Dächer; sowohl bei den richtigen Seetalwagen, als auch bei diesen abgeleiteten Alleskönner müssten die Dächer aus überlappend vernieteten Blechen dargestellt sein. Ein Detail, dass bei den Modellen von Railtop berücksichtigt wurde. Die Detailierung der Geländer an an den offenen Plattformen ist meiner Meinung nach bei den Methusalems von Roco besser umgesetzt, trotz dem recht schweisstreibende Zurüsten, das man bei Roco dem Kunden überlässt. Was bei einem direkten Vergleich zwischen den Modellen von Railtop und denen von Roco auffällt: die Roco-Seetaler waren für ihre damaligen Zeit formenbautechnisch kleine Wunderwerke! Die dünnen Wände mit den vorbildlich fast bündigen Fenstern haben die Konstrukteure von Railtop bestimmt zwanzig Jahre später nicht hinbekommen.
Mit persönlichen gefallen diese Wagen, sie sind allerdings für meinen Geschmack für einen Einsatz zusammen mit den Seetalern zu lang. Ich habe daher für meine Weineggbahn einen Wagen gekürzt, indem ich ihn des Erste-Klasse-Abteils beraubt habe…
Die Formen, aus denen in China für Railtop diese Wagen gefertigt wurden, sind wahrscheinlich jetzt bei Heris gelandet. Jedenfalls hat dieser Produzent die entsprechenden Modelle angekündigt. Da bei diesem Produzenten allerdings zwischen Ankündigung und der tatsächlichen Auslieferung viele Jahre ins Land ziehen können - und auch dann ist noch nicht wirklich sicher ist, ob wirklich einmal etwas erscheint - glaube ich, dass die Railtop-Modelle in nächster Zeit die einzigen Modelle dieser Alleskönner-Wagen bleiben werden. Von Railtop wurden - neben den hier vorgestellten drei Versionen - noch diverse andere produziert, auch in früheren Epochen, oder wie erwähnt, in der Variante, wie er heute noch bei der Dampfbahn Bern eingesetzt wird.
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