Kaeserberg

Es war nicht das erste Mal, dass ich diese wunderbarschöne Modellbahnanlage in Fribourg besucht habe, seit damals sind allerdings wieder einige Jahre vergangenen. Und darum stand wieder eine Reise zum Kaeserberg auf dem Programm. Der Besuch damals wurde übrigens in einem meiner ersten Posts hier im Weineggbahn-Blog erwähnt. 

Die Kaeserberg-Anlage kann es bezüglich ihrer Dimensionen keinesfalls zum Beispiel mit dem Miniaturen-Wunderland aufnehmen, aber bezüglich Ausstattung und Gestaltung jederzeit.

Kaeserberg besteht im grossen Ganzen aus vier Teilen: einem Abstellbahnhof für all das Rollmaterial, das gerade nicht den gestalteten Teil der Anlage durchfährt, einem H0-Normalspurbereich nach Vorbild der SBB, einem H0m-Schmalspurteil, der die RhB als Vorbild hat und schlussendlich den beiden Zahnradstrecken, welche beide wiederum in H0m ausgeführt sind, allerdings keine real bestehende Bahngesellschaft wiedergeben.

Der Besuch ist als Rundgang geplant, wobei man zwischen den einzelnen Bereichen der Anlage frei hin und her gehen kann. Vor dem Eintritt in die Halle mit der Anlage muss man sich in einem kinoartigen Raum einen Film zur Geschichte und über die Technik von Kaeserberg ansehen. Diese Filmvorführung dient nicht nur der durchaus berechtigten Selbstbeweinräucherung des Erbauers, sie hat auch einen praktischen Grund. Weil die ganze Anlage in eine Art Reinraum gebaut wurde, werden die Besucher in einem nicht spürbaren Luftstrom „entstaubt“, während sie sich den Film anschauen.

Nach dem Ende des Films wird man erneut auf die Folter gespannt, denn statt direkt zur Anlage geleitet zu werden, wird man beim Schattenbahnhof erneut aufgehalten und audiovisuell nochmals mit technischen Daten zur Anlage versorgt. Andererseits kann man zeitgleich all die vorbildlich langen Züge auf den Abstellgleisen bestaunen. Eindrücklich was es dort alles zu sehen gibt, speziell wenn man bedenkt, dass auf der Anlage nur eingesetzt wird, was an einem bestimmten Tag in den 1990er Jahren in der Schweiz im Einsatz hätte gestanden sein können. Trotz dieser Limitierung ist das Rollmaterial sehr abwechslungsreich. Und spannend.

Und dann endlich! Über eine schmale Treppe darf man das Allerheiligste betreten, fast wie Indiana Jones, der sich vor dem Betreten der Schatzkammer auch in Geduld üben musste. Vor einem liegt nun der u-förmig angelegte, normalspurige Teil der Anlage. 

Auf der rechten Seite befindet sich ein mittelgrosser Bahnhof an einem See, den die Züge aus oder nach dem Grossstadtbahnhof auf dem linken Anlagenschenkel passieren. Manche Züge halten an, manche fahren durch. Die Gleislängen und die Signalisation der ganzen Anlage entsprechen den Normen, wie sie an diesem Stichtag irgendwann in den 1990er Jahren in der Schweiz gebräuchlich waren. Und ich denke, diese vorbildtreue macht den Charme dieser Anlage aus. Klar, die kleinen Geschichten beidseits der Gleise wurden nicht vergessen, es gibt viele kleine Details zu entdecken, aber das Augenmerk liegt schon bei beim vorbildentsprechenden Bahnverkehr.



Der Hauptbahnhof auf dem linken Anlageschenkel ist das Kernstück der ganzen Anlage. Dort und bei der dahinterliegenden Stadt haben die Modellbauer aus dem Vollen geschöpft. Nicht nur die Ausmasse sind gigantisch, jedes Signal, sei es auch noch so klein, steht genau an der Stelle, an der es auch in der richtigen Welt stünde. Und die Oberleitung! Ich wage nicht daran zu denken, wieviele Stunden die Erbauer darauf verwendet haben, jedes Gleis dieses Bahnhofs mit einer vorbildlichen Oberleitung zu überspannen. Und wie oft sie sich beim Verlöten der Drähte die Finger verbrannt haben.




Ganz schweiz-like verkehren natürlich fast ausschliesslich elektrische Loks und Triebwagen. Hinter dem grossangelegten Hauptbahnhof zweigt eine Schmalspurbahn ab, die sich über viele Kurven und Gegenkurven in den höher gelegenen Teil der Anlage windet. Diese hat die Rhätische Bahn als Vorbild. Da dieser Abschnitt rund zwei Meter höher liegt, erlaubt er zudem einen schönen Ausblick nach unten über den gesamten Normalspurbereich. Fast wie in den richtigen Bergen. 



Der Hauptbahnhof des Schmalspurbahn entspricht, wie die ganze Anlage, keinen konkreten Vorbild. Doch wie überall haben es die Modellbauer auch hier geschafft, das Flair eines solchen Bahnhofs perfekt umzusetzen. Meine ultimative Lieblingsszene schliesst sich linkerhand an den Schmalspurbahnhof an. Dort zweigt einerseits eine Privatbahn ohne existierendes Vorbild (oh ja, auch dort! 😀) ab, und die RhB fährt in einem engen Bogen wieder talwärts. Diese Bogensituation hat es mir besonders angetan. Strecke Klosters – Davos, oder an der Berninabahn? Jedenfalls einfach stimmig und schön!

Auf der Anlage gibt es in Form der „Käserbergbahn“ eben auch eine „private Privatbahn“, die auf zwei Strecken zuhause ist. Zum Einen eine typisch touristische Bergbahn mit eigenem Bahnhof hinter der RhB-Station und ohne Verbindung zu dieser. Dort wurde bei meinem Besuch eine Dampflok eingesetzt um Zweiachser mit vermutlich vielen Touristen aus Fernost und den Alpenclub aus Castrop-Rauxel den Käserberg hinaufzuschieben.




Zusätzlich bedient die Käserbergbahn eine zweite schmalspurige Strecke. Auch diese ist schmalspurig und weisst Abschnitte auf, auf denen mithilfe des Zahnrades grössere Steigungen überwunden werden. Diese Strecke hat ihren Ausgangspunkt allerdings im RhB-Bahnhof selbst und führt dann über eine Linkskurve in den hinteren Schenkel des Schmalspurbereichs.


Dort erreicht sie über mehrere schöne Brücken und ansehnliche Steigungen einen Bahnhof und dahinter wahrscheinlich eine anschliessende Wendeschleife. 



Mit diesem Abschnitt kann ich mich am meisten identifizieren, ist er doch seit meinem letzten Besuch, der auch schon wieder einige Jahre zurückliegt, immer noch nicht fertiggestellt. Genau wie bei mir zuhause und wahrscheinlich auch bei den meisten von Euch! Ganz vorbildlich, wie im richtigen Leben... 😀

Nach rund zwei Stunden rund um den Kaeserberg, die wie im Fluge vergingen, befand ich mich wieder im Eingangsbereich, bedankte mich artig bei der Dame am Empfang und stand anschliessend wieder draussen im Schneeregen auf einem Parkplatz in einem Vorort vom Fribourg. Mein Fazit: Yes! Eine wunderschöne Anlage! Und vor allem mit Style! Ja, es gab ein Polizeiauto mit blinkendem Sondersignal; ja, saisongerecht fehlte auch der Tannenbaum mit siebentausend LED‘s nicht. Und auch sonst gibt es die kleinen Geschichten überall auf der Anlage zu entdecken, aber alles im Masse und eben mit Stil. Und man merkt es, die Anlage wurde über mehrere Jahre durchdacht und mit Sorgfalt aufgebaut. Sie kann sich auch nicht mit den Superlativen grösste, schönste, höchste etc. schmücken. Das unterscheidet sie von den meisten öffentlichen Modellbahnanlagen, und das macht sie mir so sympathisch. Ein wohlproportioniertes, durchdachtes Kunstwerk. 

Falls Ihr mal in der Gegend sein solltet, besucht den Kaeserberg am Rande von Freiburg im Üechtland. Ich kann es nur empfehlen.

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